Teil 2: Hans Fries als Filmproduzent und Produktionsleiter für Kino-/TV-Produktionen: mein väterlicher Film-Freund, Förderer und Gönner
Im 2. Teil erinnert sich Filmfotograf Mike Gallus an Dreharbeiten und Treffen in München und Umgebung mit Hans Fries als Produktionsleiter fürs Fernsehen und Filmproduzent in den Jahren 1979 bis 1998. Ferner hat er einen Schwung von Filmfotos und Standfotos von Kino- und TV-Produktionen zusammengestellt.
INHALT
- Unsere Wege kreuzen sich wieder bei Foto Heinrich in München
- Die ZDF-Wochenendgeschichten im Sommer 1979
- Jeder geht erst mal seiner Wege – Der ganz normale Wahnsinn (BR)
- Filmproduktionen von Hans und Livia Fries in den 80er/90er Jahren
- Zufälliges Wiedersehen beim RTL Empfang 1988 mit Lutzian Fries
- Zufälliges Wiedersehen in der Münchner Innenstadt Ende 1997 und Schauspieler-Fotos
- Ich schnuppere Landluft bei Lennio Förstersteinen in Dietramszell 1998
- Filmfotos, Standfotos, Filmausschnitte
Unsere Wege kreuzen sich wieder bei Foto Heinrich in München
Ein paar Monate nach Enke & Schwarzenbeck engagiert mich Hans Fries als Ausstatter für den ZDF-TV-Episodenfilm „Wochenendgeschichten“ und das kam so:
Ich arbeite inzwischen als Fachverkäufer und Berater in München für Foto Heinrich in der Tengstrasse. Beim Großhandel im Rückgebäude geben sich Profi-Fotografen wie Jean Paul Mann, Jochen Harder oder Filmschaffende aller Coulour die Klinke in die Hand.
Faßbinder, Wim Wenders, Texa, damals die Frau vom Ofarim, und viele andere Promis kaufen hier günstig Filme und Kameras. Im Laden vorn, wo ich bin, erwartet man professionelle Beratung bei der Film- und Kamera-Auswahl und der Fotobestellung.
Eines Tages kommt ein witziger Typ in den Laden. Ich denke: „Die Stimme kenn ich doch“. Es ist Georg Thomalla, die Filmstimme von Jack Lemmon. Ein Supertyp, er bringt uns alle zum lachen.
Ein paar Tage später kommt Filmproduzent Hans Fries in den Laden. Wieder eine Stimme vom Feinsten und wieder ein Filmtyp. Er freut sich: „Was, Du hier Mike?“
Wir tauschen Telefonnummern aus. Ein paar Wochen später klingelt bei Foto Heinrich das Telefon. Am Apparat ist Hans Fries.
Er fragt mich: „Hast Du Zeit?“ Ich frage: „Wann?“ Er sagt: „Sofort, ich brauche einen Ausstatter für eine ZDF-Produktion“. Ich zweifle: „Das habe ich beim Film noch nie gemacht, das kann ich nicht.“ Er überzeugt mich: „Das bring ich Dir schon bei, wenn wir die Motive suchen“.
Mein Chef Samuel Saks zeigt sich mehr als großzügig und ich darf sofort aufhören.
Er schenkt mir eine 24 Karat Polaroid SX70 Land Camera Alpha 1 und Filme dazu für meinen unerwarteten Neustart ins Filmgeschäft.
Die Kamera wird mir für Standfotos bei Dreharbeiten in den nächsten Jahren beste Dienste leisten.
Die ZDF-Wochenendgeschichten im Sommer 1979
Vom Vorschuss im Produktionsbüro der TV 2000 von Produzent Günter Herbertz kaufe ich mir gleich bei der Mahag in München einen braun-beigen Audi 80. Denn ich soll fahren bei der Motivsuche.
Der Audi passt genau zu meinem beigen Trenchcoat im Eric-Ode-Style, den ich aus dem Fundus der Bavaria bekommen hatte.
Zusammen mit der Polaroid-Kamera bin ich also bestens ausstaffiert für die Motivsuche mit Produktionsleiter Hans Fries.
An zwei herrlichen Sommertagen im Juli fahren wir rund um den Starnberger See und erkunden das berühmte Undosa Strandcafe und gegenüber das Schloss Berg, den Park und die König-Ludwig-Gedächtniskirche.
Wir suchen nach einem exklusiven Strandcafe mit einem Boots-Anlegeplatz für eine Szene mit Herbert Bötticher als Verführer und Simone Rethel, die später durch ihre Ehe mit Johannes Heesters berühmt werden wird.
Beim Strandhotel Undosa oder Schloss Berg finden wir schließlich die ideale Kulisse zum Drehen und fragen nach den Preisen.
Doch verwöhnt durch Produktionen wie von der Neuen Münchner Filmproduktion Helmut Ringelmann (Derrick, Der Alte) verlangen beide einstimmig jeweils 10.000 DM für die Drehgenehmigung und Schauplatz-Miete.
Jetzt lerne ich das kaufmännische Improvisationstalent eines erfahrenen Produktionsleiters kennen. Augenzwinkernd sagt Hans Fries zu mir: „Komm Mike, das können wir besser.“
Wir gehen also weiter auf Motivsuche und werden in Ammerland fündig, wo wir uns für 350 DM beim Wirt des Dorfgasthofs die Drehgenehmigung sichern.
In den nächsten Tagen bauen wir dort ein komplettes elegantes Strandcafe nach, indem wir alte Cafehaus-Stühle von der Bavaria mit günstigen Spraydosen in elfenbeinfarben umlackieren und sie zusammen mit etlichen Pflanzen und Palmen von München nach Ammerland rausfahren.
Es geht ja nur um die Optik und die Details sieht man später im Film nicht. Das kostet gerade mal 2.500 DM und so brauchen wir im Ergebnis nur ein Drittel Budget vom regulären Marktpreis für solch einen luxuriöseren Drehort.
Ich lerne in der nächsten Zeit noch manche Profi-Kniffe von Hans Fries bei den Dreharbeiten …
Jeder geht erst mal seiner Wege – Der ganz normale Wahnsinn (BR)
Nach den Wochenendgeschichten beim ZDF verlieren wir uns erst einmal aus den Augen. Durch meinen Job als Ausstatter, den mir Hans Fries in gönnerhafter Weise zukommen ließ, fasse ich endlich Fuß im Filmgeschäft.
Ich kann die Gunst der Filmstunde nutzen und bekomme meinen nächsten Auftrag als Filmarchitekt bei Jürgen Dohme von der Balance-Film im Bayerischen Fernsehen. „Der ganz normale Wahnsinn“ von Helmut Dietl wird in 12 Folgen gedreht.
Kostümbildnerin Regine Bätz hat mich für die Folge 9 (Regie: Franz Geiger) und Folge 10 (Regie: Reinhard Schwabenitzky) weitervermittelt als Multitalent für Fotografie und Ausstattung.
Den Vertrag bekomme ich sogar als Filmarchitekt, weil mein Vorgänger am Set gerade mit Helmut Dietl in Hollywood ist.
Beim „Der ganz normale Wahnsinn“ treffe ich auf Helmut Fischer (Monaco Franze), Towje Kleiner, Ilse Neubauer, Monika Schwarz, Barbara Valentin und Christine Kaufmann.
Zu meiner Freude engagiert mich Regisseur Franz Geiger zusätzlich als Darsteller in der Rolle eines Fotografen und in einer Bühnenszene als „Junker Bleichmann“.
So nimmt mein Neueinstieg in die Filmwelt seinen Lauf. Angeregt durch diesen Hans Fries, einen Vollblut-Filmemacher, der mir zeigt, wie es geht. Ihm verdanke ich den Feinschliff. Er fördert mein Talent.
Filmproduktionen von Hans und Livia Fries in den 80er/90er Jahren
Neben der Betreuung weiterer TV-Produktionen als Produktionsleiter spezialisiert sich Hans Fries Anfang der 80er Jahre zusammen mit seiner Frau Livia Fries (Biondi) auf die Produktion von Dokumentarfilmen und Industriefilmen.
In diesen Filmproduktionen übernimmt er die Funktion des Produzenten, Regisseurs, Drehbuchautors und Produktionsleiters. Seine Frau Livia aus der Schweiz steht ihm als erfahrene Produktionsassistentin und Aufnahmeleiterin bei den Dreharbeiten zur Seite.
Beide haben sich beim Bayerischen Rundfunk 1965 kennengelernt, als Livia Fries dort als Fremdsprachenkorrespondentin für internationale Produktionen engagiert ist:
„Deutsch ist gar nicht so schwer“ ist der erste Radiosprachkurs für Ausländer und wird vom Bayerischen Rundfunk gesendet.
Ein Jahr später arbeiten sie bereits frisch verheiratet zusammen in Rom bei der Kinokomödie „Das gewisse Etwas der Frauen“ mit Robert Hoffmann, Anita Ekberg, Zarah Leander, Heinz Erhart, Romina Power, Nadja Tiller, Elsa Martinelli u.w.
Er als Produktionsleiter und sie als 2. Regieassistentin in der italienisch-deutsch-französischen Koproduktion unter der Regie des italienischen Filmregisseurs Luciano Salce.
» Zum Kino-Trailer „Das gewisse Etwas der Frauen“
Ergebnis des gemeinsamen Schaffens von Hans und Livia Fries in den 1980er Jahren ist die mehrteilige Reihe von Erste-Hilfe-Filmen mit dem Titel » Rette mich wer kann im Auftrag der Berufsgenossenschaft München, in dem sie auch ihre beiden Söhne in Nebenrollen einsetzen.
Ferner die beiden Dokumentarfilme » Der sichere Dreh im Auftrag der Tiefbau-Genossenschaft, in dem Hans Fries ab Min. 4:35 selbst als Ingenieur mitspielt, und » Ein Hof macht Schule, gedreht in den Grundschulen Holzkirchen und Hausham für den Bayerischen Gemeindeunfall-Versicherungsverband.
Die schweizerische Gastfreundschaft, Herzlichkeit und Kochkunst von Livia Fries kann ich später bei meinen Besuchen der Familie in München und Lochen bei Dietramszell genießen.
Zufälliges Wiedersehen beim RTL Empfang 1988 mit Lutzian Fries
Neun Jahre nach den Wochenendgeschichten treffe ich im Oktober 1988 beim großen Empfang von RTL plus in München zufällig Hans Fries.
Er ist dort zusammen mit seinem Sohn Lutzian Fries (Telos Videoproduktion München), einem im Bereich Dokumentar- und Industriefilme (z.B. für die Bayerische Landesbank) seinerzeit sehr erfolgreichem Filmproduzenten.
Mit am Tisch der Produzenten sitzt Luggi Waldleitner, einer der bedeutendsten deutschen Filmproduzenten der Nachkriegszeit.
Er war bereits 1936 Aufnahmeleiter bei den Dreharbeiten zu Leni Riefenstahls Film „Olympia“ und hat mit seiner Produktionsfirma Roxy-Film von 1952 bis 1999 über 100 Filme produziert.
Zufälliges Wiedersehen in der Münchner Innenstadt Ende 1997 und Schauspieler-Fotos
Wie es das Schicksal will, kreuzen sich unsere Wege Jahre später in der Münchner Innenstadt auf fast schon mystische Art Ende 1997 und das kam so:
Ich war gerade an der Post am Marienplatz Vis-à-vis vom Süddeutschen Verlag. Hier fotografierte ich bereits Dirk Melchert, den damaligen Geschäftsführer von C&A München. Hier half ich Nationaltorwart Olli Kahn aus der Parklücke, als sie ihn so eingeparkt hatten, dass gerade noch ein Fußball durchpasste.
Hier kaufen die Fußball-Stars gerne Feinkost ein oder lungern mit ihren Luxusschlitten rum, während einer nach dem anderen Dr. Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt konsultiert. Der FC-Bayern-Doc hat dort damals seine Praxis.
So stehe ich also an geschichtsträchtigem Ort und weiß gar nicht, warum ich noch da bin. Von unsichtbarer Hand gehalten, stehe ich wie verwurzelt fest.
Etwas treibt mich zu bleiben, obwohl ich eigentlich nach Hause will. In der Erwartungshaltung, dass noch irgend etwas kommen wird. Und wer kommt um die Ecke? Hans Fries persönlich – und etwas später auch seine Frau Livia! Ich denke: „Das gibt`s doch gar nicht!“
Die Freude über das Wiedersehen ist gross und es gibt viel zu erzählen. Schließlich sagt Hans Fries: „Mann ist das toll, dass ich Dich treffe! Ich bin am überlegen, wieder als Schauspieler zu arbeiten und brauche erstklassige Schauspieler-Fotos, möglichst klassisch in schwarz-weiß.“
Wir verabreden uns für ein Fotoshooting am Alten Botanischen Garten in München. Dort entsteht einige Wochen später im Frühjahr 1998 die beste Foto-Serie mit ihm, auf die ich bis heute stolz sein kann.
„Künstler sein heißt:
Nicht rechnen und nicht zählen,
sondern reifen wie der Baum,
der seine Säfte nicht drängt
und getrost in den Stürmen des Frühlings steht.
So als würde dahinter kein Sommer kommen.
Er kommt doch!
Aber nur zu den Geduldigen, die da sind,
als würde die Ewigkeit vor ihnen liegen.
Ich lerne es täglich unter tausend Schmerzen,
denen ich dankbar bin: Geduld ist alles!“
Rainer Maria Rilke (1875 – 1926)
deutscher Lyriker
Briefe an einen jungen Dichter
Ich schnuppere Landluft bei Lennio Förstersteinen in Dietramszell 1998
Meinen letzten Film mit „Hansi“, wie er sich gerne in der Familie, von Freunden und am Film-Set rufen lässt, drehe ich im Spät-Frühling 1998.
In Dietramszell, 30 km südlich von München, entsteht ein Werbe- und Industriefilm für die Firma Lennio-Förstersteine.
Hans Fries wohnt mit seiner Familie im idyllischen Dorf Lochen, 4 km von Dietramszell entfernt (Landkreis Bad Tölz / Wolfratshausen).
Bei den Dreharbeiten in den Räumen einer ortsansässigen Schreinerei ist seine Frau Livia Fries aus der Schweiz wieder bewährte Aufnahmeleiterin und Produktionsassistentin am Set.
Sie versorgt uns außerdem in den Drehpausen mit kulinarischen, bayerischen Köstlichkeiten aus der Hand gezaubert.
Für den Film über das Holz-Bausystem für Hobbyschreiner produziere ich als Filmfotograf die Standfotos von Beispielen in Heimarbeit entstandener Fertigobjekte.
Ich bin auch verantwortlich für das Erscheinungsbild der Möbel und die Dekoration für die Standfotos mit einem speziellen Sackleinen-Stoff, den ich von der Bavaria in München bekomme.
Die Dreharbeiten für Lennio erfolgen in der Werkstatt der Firma Häsch in Dietramszell und der Filmschnitt bei Telos München (Video-Produktionsfirma seines Sohnes Lutzian Fries).
An dieser Stelle möchte ich mich auch für die Unterstützung bei Uwe Amtsberg bedanken von der damaligen Werbeagentur WAF in Feldafing.
» Zum Video-Film „Mit Lennio Förstersteinen selber bauen… einfach, modern und preiswert !“
Filmfotos, Standfotos, Filmausschnitte
Nachfolgend habe ich einen ganzen Schwung von Filmfotos und Standfotos von Kino- und Fernseh-Produktionen zusammengestellt, die Hans Fries als Aufnahmeleiter, Produktionsleiter oder Herstellungsleiter betreut hat.
Für die ZDF-Serie „Der Kommissar“ (Produzent: Helmut Ringelmann, Neue Münchner Filmproduktion) war Hans Fries bei der Folgen „Schrei vor dem Fenster“ (Sendetermin: 6.6.1969) und „Die Schrecklichen“ (Sendetermin 17.07.1969) Produktionsleiter.
Bei den beiden Folgen „Auf dem Stundenplan: Mord“ (Sendetermin 28.11.1969) und „Tod eines Schulmädchens“ (Sendetermin 21.04.1972) von „Der Kommissar“ war Hans Fries Produktionsleiter und Schauspieler in der Rolle eines Lehrers.
Bei der Folge „Auf dem Stundenplan: Mord“ hat die Neue Münchner Fernsehproduktion (München-Geiselgasteig) keinen Geringeren als Aufnahmeleiter-Legende Rudolf „Rudi“ Fichtner engagiert.
Rudolf Fichtner war bereits Aufnahmeleiter 1936 bei Leni Riefenstahls monumentaler Dokumentation „Olympia“, bei Produktionen wie 1952 „Die Försterchristl“ (mit Karl Schönböck, Will Quadflieg) und „Im weissen Rössl“ (mit Johannes Heesters) oder 1959 bei „Die Brücke“ von Bernhard Wicki.
» Zum Film-Ausschnitt „In der Geisterbahn auf dem Oktoberfest“ aus „Weißblaue Geschichten“
„Ein Doktorhut ist als alleiniges Kleidungsstück nicht ausreichend.“
„Selbständigkeit beinhaltet die Freiheit zu hungern, wann ich will.“
( Hans Fries, 1920 – 2003, deutscher Filmproduzent, Produktionsleiter und Schauspieler )